Teamspirit
FAN, das sind XI Designer*innen, ihr Kollektivname steht für die gegenseitige Begeisterung und Haltung zu Design, ebenso wie für ihren Entstehungsort und Entdeckung ihrer interdisziplinären Arbeits- und Lebensweise: gemeint ist die Stadt Karlsruhe, dessen Straßen im Stadtkern (rund um das über 300 Jahre alte, zitronengelbe Schloss von Karl Wilhelm von Baden) wie ein Fächer ringförmig verlaufen. Die Staatliche Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe, der nähere Entstehungs- und Prägungsort von FAN, liegt im Südwesten der Stadt in einer denkmalgeschützten ehemaligen Munitionsfabrik. Die großzügigen Lichthöfe sind, wie Oliver Boualam sagt, „unser Wohnzimmer“. Die HfG Karlsruhe ist eine Spielwiese und bietet neben den reichhaltigen Werkstätten, Studios und Lehrangeboten eine kollaborative und zukunftsorientierten Spirit innerhalb der HfG Community.
A significant other
Mit Neugier und Ideengeist setzte sich FAN schon während ihres Studiums intensiv mit Raumfragen, Materialitäten und ihren Potenzialen auseinander. Die Vielfalt der Hochschule ermöglichte FAN bereits im Studium ein Interesse für Film, Fotografie, Sound oder Szenografie zu entwickeln. Do it yourself – vom Programmieren der Website, Dokumentieren ihrer Arbeiten oder das Servieren des richtigen Drinks an der selbstgebauten Bar: jedes Mitglied des Kollektivs bringt über ihre eigene Art Rhythmus und Dynamik in den Arbeitsprozess ein. Durch diese lebendige und quirlige Aura nimmt das Kollektiv stets eine bewusste Dingpolitische Haltung im (Ausstellungs-)Raum ein.
Hieran schließt auch „Stoooooool“ an, die letzte Show im Jahre 2020 in der „Zentrale“ Karlsruhe. Zwischen Fußboden und Decke steht ein Turm aus X gestapelten, kreischend bunten Hockern. Hocker kann eigentlich nicht stapeln, aber das FAN Collective schon. Die gestaltete „Stool-Family“ der FAN Crew hat keine Hierarchie, sondern ist ein komplexes, diverses und nonchalantes Corporate Design des Miteinanders.. Jeder einzelne Hocker skizziert in seiner Ästhetik augenmerklich die praktische Herangehensweise des jeweiligen Charakterkopfs. „Stoooooool“ weist über eine Ansammlung von Hockern hinaus auf eine eigene Community aus unterschiedlichen Design Bodies – halb Mensch halb Hocker.
Ist das jetzt Kunst oder Design?
Zwischen Kunst und Design diffundieren die Gedanken, Konzepte und Entwürfe der kollektiven FAN Praxis. Ein Tanz zwischen Kunstmarkt und Designer*innenwelt. Wie wird zeitgenössische Kunst in einer Welt, wo objektive Kriterien abwesend scheinen, überhaupt bewertet? Nach welchen Kriterien wird Design bewertet? FAN setzt sich bewusst in die Strukturen der Galerien und Designmessen hinein um genau dort die Aufmerksamkeit auf die Bewohnbarkeit unserer Lebensräume zu lenken und den Alltag einer Gesellschaft, seine unterschiedlichen Routinen und Bewegungsabläufe, zu beleuchten. Welche Haltungen und Formationen weisen sie auf?
Die Begegnung zwischen Besucher*in und Objekt zeigen, dass FAN mit Leichtigkeit zwischen den vermeintlich klaren Kategorien Kunst oder Design changiert.
Besucht man eine Show des FAN Collectives, so hört man männliche Galerist*innen fachmäßig über Preise diskutieren, Passant*innen, Skater*innen und die Nachbarschaftsgemeinschaft – alle halten poppige Römergläser mit Rotwein gefüllt in den Händen. Sie entstanden für die Römerglas-Fan-Huldigungs Premiere-Show N°1 „ROMER“ und begleiten seitdem alle weiteren geselligen Zusammenkünfte von FAN.
2020 • 10 Songs, 32 Min.
Edamame
VISA Interlude
Europa so cool
Sommer in deinem Schlafzimmer
Blume
so könnte das Haiku Gedicht des Sommers 2020 inmitten der Corona-Pandemie klingen, aber in Wahrheit verstecken sich verschiedene Songtitel des musikalischen Album-Rausches von und mit Luka08 dahinter. Beats wie Kopfkissen, Synths wie Traumwolken – Eine Deutsche Post R’n’B Traumreise, die so klingt, als sei sie um 3 Uhr morgens im bedroom-producing entstanden. Eine geschichtete und verdichtete Stimme erzählt von der Suche nach Sinnhaftigkeit in einer Welt voller Zeichen, die sich zu oft zu widersprechen scheinen. Feststecken in der Selbstbetrachtung im Spiegelkabinett einer Easyjet-Generation mit/ohne Probleme, in der First World Problems ein Gemütszustand sind. Die Pop-Oberfläche dient als Schutzschild vor der Welt und das Soft-Sein als Postulat für alles um auch mal in sein Inneres zu schauen.
Diesen warmen Soundnebel hat Lukas Marstaller parallel zur Konzipierung des FAN Collectives produziert. Seine 10 Freunde sind Inspiration und Publikum zugleich. Sie sind nicht nur Partner*innen in Design Crimes, sondern teilen auch die Leidenschaft zur Musik. Ein Teil von FAN trat als „5 Nachos“ am Rundgang der Hfg Karlsruhe 2019 auf und parodiert mit Humor die Höhen und Tiefen im HfG-Study-Struggle und den Zeiten des Zusammenkommens.
About an Contactless-Collective Practice: Carousel
Hand-in-Hand-Arbeiten ist eine Methode, die das FAN Collective sich trotz Corona Restriktionen und Abstands-Verordnungen nicht nehmen lässt. Sie sehen diesen Ausnahmezustand als eine willkommene Herausforderung. Durch sechs unterschiedliche Haushalte der achtköpfigen FAN Crew entstand im Frühjahr 2020 das Projekt mit dem Titel CAROUSEL. Es ist eine Körperschaft, die durch 22 Hände und 11 Augenpaare ging und in der Lockdown-Schaffensphase entstanden ist. Das heißt im Geiste kollektiv denken und arbeiten, ohne seine Arbeitspartner*innen zu sehen. Nur die Objekte trugen Spuren des Umgangs der anderen Person bei sich. Elf verschiedene Objekte landeten vor einer jeden Haustür, wie Gaben für schlechte Zeiten. Eine Sharing-Community Technik des Weitertragens und der Wertschätzung. Der Hürde des Social-Distancing wirkt die Fan Crew mit kreativ anders, funktionierenden Arbeitsmethoden entgegen und probiert sich so immer wieder neu aus. Bar Basso Vermissung und Liebe für die Mailänder Freunde werden einfach in einem Instagram-Filter für alle im Social-Media-Netzwerk verbreitet,
Ciao Karlsruhe!
Ihrer Solidarität ist auch beim Pizzateig kneten und der Auswahl an lokalen Produkten für die perfekte Beilage kein Ende gesetzt. Das spiegelt sich neben dem Kollektiv auch in ihrer Nachbarschaft im Hinterhof der Rudolfstraße 5 wieder. Ausgestattet mit einem Steinofen mündet ein langer Arbeitstag oft mit der kulinarischen Passion für authentische Pizza mit veganem high-end finish. „Eigentlich sind wir ein Pizza Kollektiv“, sagt Lotti Oberkrome im Hinterhof der Rudolfstraße, denn ihre Liebe füreinander und für die Stadt geht auch durch den Magen. Hier versammelt sich FAN mit den Mieter*innen der anderen Ateliers, isst gemeinsam und tauscht sich aus. Das kollektive Arbeiten innerhalb der Crew wird auch als soziales Miteinander mit ihrem Umfeld ausgelebt. Ein gemeinschaftlicher Lebensentwurf im Einklang mit dem gestalterischen Arbeiten – ein gesetztes Ziel, was einstimmig als Kollektiv weitergeht und mutig keine nationalen Grenzen oder Einschränkungen scheut, denn es ist im Spirit als Team ortlos vereint.
Saeed Kakavand
Regie
Matthias Straub / Olivier Moser
Director of Photography
Olivier Moser
Post-Produktion
Olivier Moser
Music
Lukas Marsteller
Text
Francesca Romana Audretsch
Fotografie
Dan Trautwein, Saeed Kakavand, Luan Oetker
Layout
Luan Oetker, Carl Altmann
Digitale Umsetzung:
Henrik Hertler